Reha in Lohmen Mecklenburg Frühjahr 2012
Schloss Güstrow
Gleich in der ersten Woche fuhr ich aus blanker langer Weile nach Güstrow. Ich sah das Hinweisschild Richtung historische Altstadt. Ich dacht mir, fahr einfach mal gucken. Weit kam ich nicht, denn da stand es plötzlich auf der rechten Seite, das Schloss...ein richtiges Schloss. Jo ich hab immer mal wieder was von dem Ding in der Vergangenheit gelesen, aber an ein Foto kann ich mich nicht erinnern. Güstrow ist halt Heimat und Heimat ist langweilig. Ehrlich so dachte ich. Da stand ich nun vor dem Schloss und machte paar Bildchen am Abend.
Schloss Güstrow
Ein bisschen enttäuscht war ich vom Schlossgarten, denn der existierte nicht mehr. Außer einer großen Sandfläche, war alles geklaut. Später erfuhr ich, dass der Garten ein Wasserproblem hatte und man ihn jetzt trocken gelegt hat. Hmmm muss ich wohl noch mal wieder kommen um zu kontrollieren, ob die auch alles richtig gepflanzt haben. Nur der Laubengang aus Hainbuche blieb erhalten. Den hätten sie aber auch so schnell nicht ersetzen können.
Am Abend rief ich von der Rehaklinik meine Liebste zu Hause an und berichtete aufgeregt, von dem Schloss. Ich dachte bis dato immer, das wäre da ´ne bessere Hütte, aber nicht so ein Prunkbau, der auch noch schnuckelig aussah. Eins war klar, in das Ding muss ich rein.
Schloss Güstrow
Paar Tage später fuhr ich bei Schietwetter wieder zum Schloss. Eintrittskarte kostete 5,-€ und die Knipserlaubnis 3,-€. Nun kannte ich das Schloss ja schon von außen, aber ich hatte noch immer nicht kapiert, dass dies hier ein richtiges Schloss ist. Ja manchmal ist man doof. Foto - Blick in den Festsaal
Schloss Güstrow
Die Decke des Festsaal besteht aus Stuckarbeiten aus dem Jahr 1620, wobei jede Kassette der Decke ein anderes Motiv zeigte.
Hier Blick auf den Hirschfries, der die Decke des Festsaals komplett einrahmt. Die Geweihe sind echt und so hat man auch eine Vorstellung von der Größe des Fries.
Schloss Güstrow
Ich ging immer nur ein Stück weiter und gaffte mit offenem Mund Richtung Decke.
Ich war echt baff, was ich hier zu sehen bekam. Schaut euch diese Tür mit den Intarsien an. Man die müssen früher Langeweile gehabt haben. Heute nimmt man eine Spanplatte, klebt ne Holzfolie drauf, fertig ist die Tür
   
Im Schloss kann man eine umfangreiche Sammlung von Münzen und Prägestempel sehen, wie dieser eines Zweidritteltaler aus dem Jahr 1839.
Vor dem Schloss, stand hier eine slawische Burg der Fürsten von Werle, die erstmalig 1307 urkundlich erwähnt wurde. Diese Fürsten hatten keine Ahnung, wie man Kinder macht und so starb deren Geschlecht aus. Die Burg ging in den Besitz der Herzöge Mecklenburgs. Nachdem die beiden Herzöge Mecklenburg unter sich aufgeteilt haben, wurde Güstrow Sitz von Herzog Ulrich. Wir erinnern uns, das ist der, an den und seine beiden Frauen im Güstrower Dom erinnert wird. Na bimmelt´s im Gehirnkasten? Ok dann weiter.
1557 kokelte ein Teil der alten Burg ab, was der Herzog als Chance für einen seinen Stand entsprechend angemessenen Neubau sah. 1586 spielte wieder jemand mit dem Feuer und der Rest der alten Burg ging in Asche auf. Na na wenn das mal nicht der Herzog war. Der baute lustig weiter, bis das Schloss groß und hübsch war. Die Bude wechselte danach mehrmals die Besitzer. So genau wollt ihr das gar nicht wissen.
Foto - Rekonstruierter Fußboden im Turmzimmer
Ok ein bisschen erzähl ich euch noch. So richtig kamen die hier nicht zu Potte. Mehr und mehr verlagerte sich wieder alles komplett nach Schwerin. Am Ende wollte niemand mehr im Schloss wohnen...mich haben sie nicht gefragt. Das schöne Schloss begann zu verfallen und sogar einer der Flügel musste abgerissen werden.
Von 1800 an war das Schloss dann ein Lazarett für im Krieg Verwundete. Von 1817 bis 1945 war das Schloss das Landesarbeitshaus. Was das ist? Äh ja, da wurde Landstreiche, Prostituierte, Leute die keine Lust zu nix hatten, aber auch Arme, Waisen und geistig Behinderte weg geschlossen, damit die Öffentlichkeit sie nicht sehen muss. Im Arbeitshaus mussten sie dann meistens in einer Manufaktur arbeiten.
Danach machte man aus dem Bau ein Altersheim. Was ein Käse. Ich war ja da. Was Treppen und die sollten die alten Leutchen hoch und runter laufen.
Im zweiten Weltkrieg wurden im Schloss Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten untergebracht, die in den Rüstungsbetrieben Güstrows arbeiten mussten.
Tja und jetzt haltet euch fest, die DDR machte in den Jahren 1963 - 1978 aus dem Ganzen wieder ein Schloss und eröffnete schon 1972 im Schloss ein Museum. Foto - Decke des Turmzimmers
Na was sagt ihr zu diesen beiden Schönheiten? Was nicht schön? Die können ja schlecht ein Bild von mir da aufbammeln. Rechts das ist Augusta...ja ich weiß, die sieht eher wie August aus und links Magdalene. Beide Mädels waren Prinzessin von Mecklenburg-Güstrow.
Ich wandere da so durch die herzoglichen Gemächer, als ich in dieser Bude lande. Der Fußboden glänzte wie frisch gewienert. Die Decke wunderschön verziert. Jo das könnt ich mir als Küche vorstellen. Ich war begeistert von den ollen Fliesen. Ich das gegenüber einer der Aufsicht führenden Dame im Schloss geäußert, worauf die mir erzählt, dass das Beschissfliesen sind. Ja die sind gar nicht alt. Und ich hatte mich schon gefragt, wie die die Jahrhunderte überstanden haben. Die Fliesen sind original Made by VEB Boizenburger Fliesen.
Schloss Güstrow
Die Frau zog mich in eine Ecke...nee nix schmusen. Nöö sie zeigte mir diese Ecke. Hier stand ein Ofen, der weg musste und dabei entdeckte man die Fliesen darunter. In Boizenburg wurden dann Replikate angefertigt, die man hier als helle Fliesen sieht. Auch wenn´s Beschissfliesen sind, mir gefallen sie.
So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen, die Front eines Schranks mit Intarsien aus Glas und Holz. Das Ding sah echt toll aus.
Ich sah mir alle ganz genau an und dachte, dass ich fertig wäre, als mich eine Dame fragte, wie mir die anderen beiden Etagen gefallen haben. Hä was für andere Etagen? Na Keller und Erdgeschoss. Auweia jetzt wird's von der Zeit aber eng. So was muss man mir doch sagen. Ich stürmte im Galopp in den Keller.
Hier der berühmte Neustädter Altar, der eigentlich Jakobialtar heißt, von einem unbekannten Künstler, der das Ding 1435 zusammengenagelt hat. Bis 1717 stand das Ding in der Jakobikirche von Lübeck, die sich einen neuen kauften und diesen nach Neustadt-Glewe verschenkten. Ach guck an, der Westen hat damals schon dem Osten Geschenke gemacht. Prima, weiter so. Dort stand er dann in der Marienkirche und ging letztendlich 1841 in die Sammlung des Herzog von Mecklenburg über.
Der Altar wurde in der Vergangenheit hin und her restauriert. Am Ende sah er dann so aus. Ach Gott, ein bisschen Farbe täte ihm nach meinem Geschmack nicht schaden. Unten die fehlen die Figuren, jo damit haben sie schon den ollen Herzog betrogen, denn da fehlten die schon.
Diese Meditationstafel wurde so um 1330 im Kloster Doberan oder Lübeck angefertigt....jo man weiß das nicht so genau. Ist auch schwer, sich soweit zurück zu erinnern. So und nun haltet euch fest, das Ding ist die älteste erhaltene Hinterglasmalerei. Ätsche und ich stand davor.
Ich war ja nun fast den ganzen Nachmittag im Schloss und hatte noch nicht alles gesehen. Kurz nach halb fünf verließ ich den Keller Richtung Erdgeschoss, mit dem Wissen, dass um fünf hier alles verrammelt wird.
Im Erdgeschoss entschuldigte ich mich gleich mal bei den drei Damen von der Aufsicht. Ich sagte ihnen dass sie mir leid täten, ich aber erst pünktlich Klock fünf erst gehen werde. Ja an genießen und ne kleine Plauderei war wegen Zeitmangel nicht mehr zu denken. Ich eilte eher durch die Räumlichkeiten.
Nun schaut euch diese Decke an. Was ´ne Pracht. Ok zu Hause will ich die auch nicht haben, aber hier sah die hübsch aus...hübsch bunt
Die Frau im Obergeschoss sagte mir, dass ich mir unbedingt, die Cranach Bildchen angucken muss. Da stand ich nun davor und was soll ich euch sagen. Das Bild kannte ich schon. Jo ich Kunstbanause hatte ich schon auf Fotos gesehen. Gemalt hat das Lucas Cranach der ältere im Jahr 1534 und er nannte es "Venus und Amor als Honigdieb". 
Ihr wisst ja nun von meiner Deckenmacke. Ich konnte hier voll meine Neigungen ausleben. Was hast du für ein Fetisch? Deckenknipserei
Hier ist noch was auf das ich stehe...buntes Glas. Ja da tun sich Abgründe auf. So ein Bleiverglastes Fenster im Gegenlicht zu sehen, das hat was. Dieses edle Stück ist ein Fensterwappen, von Herzog Ulrich. Der Herzog verschenkte diese mit Öl bemalten Scheiben, an Untertanen, die in seiner Gunst standen oder er besonders ehren wollte. Die Leute hangen den Kram dann in ihre Fenster um ihre Nachbarn zu ärgern. Ist so, als wenn ich meine drei Ferrari vorm Haus parke. Doch ich hab drei. Die sind nur gerade nicht da
Im Erdgeschoss befindet sich auch die Waffenausstellung. Ich hab´s nicht so mit dem Geballer, aber ich fand den Raum geil...und die Decke sowieso.
Schloss Güstrow
Punkt 17.00Uhr ging ich freiwillig Richtung Ausgang, gut mir blieb ja auch nix anderes übrig. Ich war noch gar nicht richtig draußen, da stürmte schon die eine oder andere Dame auf dem Fahrrad an mir vorbei. Schönen Feierabend.
Das Güstrower Schloss war echt der Hammer. Ich habe meiner Liebsten am Abend, von der Klinik aus, per Telefon ein Ohr abgekaut. Also wenn ihr da vorbei fahrt und nicht rein schaut, dann....ja dann seid ihr selber schuld. Ach und nicht vergessen, nehmt euch Zeit. Da gibt es unheimlich viel zu sehen...sogar Decken
Paar Wochen später war ich wieder in Güstrow unterwegs, aber dieses Mal auf der anderen Seite des Schlosses und was entdecken meine altersschwachen Augen...isses nich schön!? Schade das die Bäume und Sträucher noch nicht grün waren.
Schloss Güstrow
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